Die Senkung der Mehrwertsteuer – alles auf einen Blick

Zum 1. Juli hat der Bundestag beschlossen, die Mehrwertsteuer deutschlandweit zu senken. Dies ist ein weitreichender Schritt und einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik. Unter dem Kürzel MwST findet nun jeder Verbraucher auf seinem Warenbeleg den Ausweis der reduzierten Mehrwertsteuer. Doch was hat es mit der Senkung auf sich, wie viele Steuersätze gibt es, für welche Branchen gelten sie und wer profitiert von der Senkung? Nicht zuletzt: Wie lange gilt die neue Maßnahme?

Definition: Was ist die Mehrwertsteuer?

Die Mehrwertsteuer ist ein Umsatzsteuersystem, bei dem auf die einzelnen Produktionsstufen ausschließlich der Wertzuwachs besteuert wird. Das bedeutet, dass auf den Umsatzerlös jeder Ware und Dienstleistung eine zusätzliche Steuer fällig wird. Die Mehrwertsteuer wurde erstmals am 1. Januar 1968 eingeführt und betrug standardmäßig 11 % und ermäßigt 6 %. In den letzten Jahrzehnten ist der reguläre Satz sukzessive gestiegen und kletterte auf den bisherigen Höchstwert von 19 %. Die Mehrwertsteuer wird auch als „Umsatzsteuer“ bezeichnet. Beide Begriffe werden gleichbedeutend verwendet. Steuerrechtlich gesehen, ist „Umsatzsteuer“ der korrekte Begriff. In den letzten Jahrzehnten hat sich aber die Bezeichnung „Mehrwertsteuer“ eingebürgert.

Für wen gilt die Mehrwertsteuer?

Die Mehrwertsteuer ist eine reine Verbrauchssteuer, die für jeden Bürger gilt – unabhängig vom Einkommen oder der Steuergruppe. Sie wird automatisch auf den Preis von Produkten und Dienstleistungen aufgeschlagen, muss auf Rechnungen aber gesondert ausgewiesen werden. Die Steuer gilt nicht nur für Endverbraucher, die im Supermarkt Obst und Gemüse kaufen, sondern wird auch zwischen produzierenden Betrieben und Händlern abgerechnet. Um bei dem Beispiel des Supermarktes zu bleiben: Wenn ein Großhändler beim Bauern mehrere Tonnen Kartoffeln einkauft, wird die Ware zum ersten Mal mit der Mehrwertsteuer belegt. Sobald die Kartoffellieferung im Warenlager eingetroffen ist und sortiert wurde, wird die Mehrwertsteuer auf den neu ermittelten Preis (Wertzuwachs) aufgeschlagen.

Warum gibt es zwei unterschiedliche Sätze?

Grundsätzlich kann zwischen zwei Mehrwertsteuersätzen unterschieden werden. Der normale Satz beträgt 19 % und gilt für das Gros aller Produkte und Dienstleistungen. Der ermäßigte Steuersatz hingegen beträgt 7 % und gilt nur für bestimmte Waren, Dienstleistungen und Lebensmittel. Die Ermäßigung gilt vor allem für Lebensmittel, um die Kosten für den Grundbedarf niedrig zu halten. Für importierte Luxusprodukte wie Hummer oder Austern gilt jedoch der reguläre Steuersatz. Eine besondere Ausnahme bilden gedruckte Bücher. Sie fallen ebenfalls unter den ermäßigten Steuersatz des Fiskus. Die Idee dahinter ist denkbar einfach: Bücher gelten als Kulturgut in Deutschland und werden daher privilegiert behandelt. Einem E-Book kommt diese steuerliche Wertschätzung allerdings nicht zugute.

Warum jetzt? Die Änderungen vom 1. Juli

Am 3. Juni 2020 hat die Bundesregierung ein weiteres Konjunkturpaket beschlossen, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzufedern. Die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer ist Teil dieses Maßnahmenpakets und versteht sich als direkte Antwort auf die Konjunktureinbußen der letzten Monate. Mit diesem antizyklischen Finanzinstrument soll nun der Konsum wieder angekurbelt werden. Der neue Mehrwertsteuersatz wurde um drei Prozentpunkte gesenkt und beträgt 16 %. Erstmals seit 13 Jahren befindet sich der Steuersatz wieder auf dem Niveau von 2007. Dagegen befindet sich die ermäßigte Mehrwertsteuer auf einem historisch einmaligen Rekordtief von 5 %.

Wie lange gelten die Maßnahmen?

Die Maßnahmen gelten vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020. Hintergrund der zeitlich befristeten Senkung ist der Versuch der Bundesregierung, der deutschen Wirtschaft einen konjunkturellen Impuls zu geben. Laut Bundesfinanzminister Olaf Scholz gehe es darum, Bürger und Bürgerinnen zu ermutigen, eine ausstehende Kaufentscheidung jetzt zu tätigen und nicht bis aufs nächste Jahr zu warten. Damit handelt es sich um einen kurzfristig gesetzten Kaufanreiz. Für die schwer angeschlagene Gastronomie wurde zusätzlich beschlossen, die ermäßigte Mehrwertsteuer branchenweit einzuführen. Diese Regelung gilt bis zum Sommer 2021. Davon ausgeschlossen sind Getränke, die in Restaurants oder Stehcafés konsumiert werden.

Werden alle Waren und Dienstleistungen billiger?

Händler und Dienstleister sind dazu angehalten, die Senkung der Mehrwertsteuer an den Endverbraucher weiterzugeben. Obwohl Unternehmen zur Weitergabe nicht gezwungen werden können, hat sich in anderen Ländern gezeigt, dass die Mehrzahl der Händler die staatliche Steuererleichterung an den Kunden weiterreicht. Die Lebensmittelbranche und die Deutsche Bahn haben die Senkung bereits umgesetzt. In der Gastronomie – einem klassischen Dienstleistungsgewerbe – gelten weiterhin beide Sätze. Wer Essen zum Mitnehmen bestellt, zahlt den ermäßigten Satz von 5 %. Sobald die Speise im Restaurant verzehrt wird, wird der neue Steuersatz von 16 % fällig.

Wann lohnt sich die Mehrwertsteuersenkung?

Da die Mehrwertsteuer immer in Proportion zu dem Gesamtpreis eines Produktes steht, fallen die Ersparnisse unterschiedlich groß aus. Während der Spareffekt bei Alltagsprodukten wie Milch oder Taschentüchern gering bleibt und wenige Cent beträgt, lohnen sich größere Anschaffungen. Wer darüber nachdenkt ein Auto oder Möbel zu kaufen, kann spürbare Einsparungen von mehreren Hundert Euro erzielen. Dasselbe gilt für kostenintensive Dienstleistungen: Falls größere Renovierungsarbeiten anstehen, lohnt es sich, die Handwerker im nächsten halben Jahr zu beauftragen. Die Rechnungsbeträge der Handwerkerleistungen werden mit dem neuen Steuersatz von 16 % belegt, solange die Arbeiten bis zum Jahreswechsel abgeschlossen werden.